Informationsbulletin Nr. 74

Arbeiterinnen verpacken das Gemüse für den Transport.

Bio heisst nicht sozial – Arbeiterinnen in der südspanischen Gemüseindustrie

«Bio ist gut für die Konsumenten und die Natur, aber den Landarbeitern geht es dreckig wie eh und je», titelte am 21. Februar der Tagesanzeiger und fuhr fort: «Im südspanischen Almería liegt eines der wichtigsten europäischen Anbaugebiete für Gemüse und Früchte. Die Region war lange Synonym für massiven Pestizideinsatz und ausgebeutete Arbeiter. Seit immer mehr in Bio-Qualität angebaut wird, sind die Pestizide tabu. Aber den Arbeitern geht es deswegen nicht besser.»

Seit langem prangert die LandarbeiterInnengewerkschaft SOC die prekären Arbeitsbedingungen in der industriellen Gemüseproduktion an – 36‘000 Hektaren Treibhäuser, aus denen in den Wintermonaten Europa mit Tomaten, Peperoni, Gurken, Zucchini, Auberginen und Melonen beliefert wird. Dank Bio atmen die ArbeiterInnen in den Gewächshäusern heute weniger Pestizide ein, doch die Arbeitsbedingungen sind deswegen nicht besser geworden. Auch nicht jene der Arbeiterinnen in den Abpackbetrieben, zu 90 Prozent Frauen: Wenn die Nachfrage gross ist, müssen sie bis zu sechzehn Stunden am Tag arbeiten, der vereinbarte Mindestlohn von 6.15 Euro pro Stunde wird permanent unterschritten, Überstunden werden nicht bezahlt, für einen Toilettengang werden maximal fünf Minuten zugestanden, dauert er länger, wird eine halbe Stunde abgezogen.

Der grösste Teil der rund 10‘000 Arbeiterinnen in den Verpackungsbetrieben kommt aus Nordafrika, weitere aus Osteuropa oder Lateinamerika. Als Migrantinnen sind sie zusätzlichem Druck ausgesetzt: Verlieren sie ihren Arbeitsplatz, droht ihnen zusätzlich der Verlust der Aufenthaltserlaubnis, was ihre Abschiebung ins Herkunftsland bedeuten kann. Die Arbeitgeber nutzen diese Situation schamlos aus, nach dem Motto: «Willst du den Arbeitsplatz, so diktiere ich die Bedingungen.»

Der Fall Bio Sol, auf den wir nachfolgend eingehen, zeigt, wie sich ein Bio-Unternehmen um seine soziale Verantwortung foutiert. Aber auch in der Textilindustrie ist solches Verhalten an der Tagesordnung. Dazu unser Beispiel aus Bangladesh. In beiden Fällen sind Frauen die Hauptbetroffenen und in beiden Fällen wehren sich die Arbeiterinnen, indem sie sich in Gewerkschaften organisieren. Dazu sind sie auf unsere Solidarität angewiesen.