Informationsbulletin Nr. 72

«Machtapparat hau ab!» - Demonstration in Algier im Februar 2011

Algerien - autonome Gewerkschaften:

«Citoyens journalistes» informieren und mobilisieren

«Citoyens journalistes» sind jene Frauen und Männer, die über die sozialen Probleme oder die Polizeirepression in ihrem Dorf oder Stadtteil, aber auch von den verbreiteten Streiks und Mobilisierungen der sozialen Bewegungen berichten. Sie benutzen ihr Handy oder ihren Computer und kommunizieren via Internet mit dem restlichen Algerien und der ganzen Welt.

Mit Informationen, die direkt von den Betroffenen stammen, wollen die autonomen Gewerkschaften in Algerien das staatliche Informationsmonopol in Fernsehen und Radio sowie einem weiten Teil der gedruckten Presse brechen. In den grösseren Städten der nördlichen Küstengebiete könne sich kaum jemand vorstellen, wie elend die Lage vieler Menschen im Süden des Landes sei, berichtet eine Gewerkschaftsaktivistin. Ausgerechnet im Süden, wo mit dem Erdöl und Erdgas der ganze Reichtum des Landes gefördert werde, herrsche bitterste Armut. «Andererseits erfahren die Leute im Süden nichts von unseren Mobilisierungen und Streiks im Norden gegen das Regime», fährt sie fort.

Doch im ganzen Land ist die Lage gespannt, wie in Tunesien und Ägypten, bevor dort die Volksaufstände begannen. Mit einer rigiden Überwachung der sozialen Bewegungen, mit Repression und mit kleinen materiellen und politischen Zugeständnissen versuchen die Machtträger – die Regierung Bouteflika sowie die Militärspitze – die Lage zu kontrollieren und eine von oben gesteuerte «Demokratisierung» einzuleiten.

Für die sozialen Bewegungen dagegen ist klar, dass – wie in den anderen arabischen Ländern – nur die völlige Beseitigung des alten Regimes zu Demokratie und sozialer Gerechtigkeit führen kann: «pouvoir dégage» !

Die unabhängigen Gewerkschaften in Algerien sind der Motor der Mobilisierungen. Mit dem Projekt des «citoyen journaliste» wollen sie möglichst vielen Menschen in Algerien, vor allem aber in den entlegenen Kleinstädten und Dörfern, die Fähigkeiten vermitteln, unabhängig zu informieren und damit zu einer breiten Mobilisierung der sozialen Kräfte beizutragen. Dafür brauchen sie unsere Solidarität.